Oekologische Beratung

Markus Baggenstos
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Artenschutz

Die Nidwaldner Haarschnecke heisst jetzt Nidwaldner Steinschnecke (Raeticella biconica gen. nov. (Gastropoda, Eupulmonata, Hygromiidae)

Diaschau 2022 Raeticella biconica

Die phylogenetische Position von Fruticicola biconica wurde seit ihrer Beschreibung durch Eder im Jahr 1917 in Frage gestellt. Diese Art wird als mikroendemische Art von Berggipfeln in der Zentralschweiz beschrieben und hat spezielle Schalenanpassungen für das Leben unter Steinen. In unserer Studie konnten wir zeigen, dass Fruticicola biconica weder zur Gattung Trochulus noch zu einer anderen Gattung innerhalb der Trochulini gehört, sondern in eine neue Gattung Raeticella Kneubühler, Baggenstos & Neubert, 2021 eingeordnet werden muss. Phylogenetische Analysen zeigen, dass R. biconica klar von Trochulus getrennt ist. Schalenmorphologische und genitalanatomische Untersuchungen stützen diese Ergebnisse.

2022 Kneubühler et al. On the verge of extinction – revision of a highly endangered Swiss alpine snail with description of a new genus, Raeticella gen. nov. (pdf-Datei, 8.2 MB)

Aktuell 2008: Neufunde der Nidwaldner Haarschnecke Trochulus biconicus Eder 1917 (vormals Trichia biconica)


grosse Karte

Aktuelles (2008) Verbreitungsgebiet von Trochulus biconicus aufgrund der gutachtlichen Einschätzung aller Funde und den Resultaten der Habitatmodellierung. Nicht als rote Punkte aufgeführt sind die Funde am Huetstock und am Uri Rotstock Westhang, sowie zwei Funde östlich des Uri Rotstock.

Diaschau 2008 Neufunde Nidwaldner Haarschnecke «Die Nidwaldner Haarschnecke gibt es sonst nirgends auf der Welt» betitelte die Zeitung «Das Vaterland» 1991 einen Beitrag von Dr. Hans Turner über diese seltene Schneckenart. Seit ihrer Entdeckung durch den bekannten Basler Naturforscher Leo Eder im Jahr 1916 wurde die seltene Art von Generationen von Schneckenforschern an vielen anderen Örtlichkeiten vergeblich gesucht. Es dauerte fast neunzig Jahre, bis weitere Populationen dieser Art am Schwalmis, am Brisen, am Gross Walenstock, am Laucherenstock, am Schienberg und an den Hasenstöcken im Kanton Nidwalden, am Ruchstock, am Widderfeld, am Huetstock, am Hanghorn und am Barglen im Kanton Obwalden sowie am Uri Rotstock, am Chli Schlieren, am Wissberg und am Surenenpass im Kanton Uri gefunden wurden.

Neufund des Rudolphs Trompetenmoos, Tayloria rudolphiana (Garov.) B., S. & G im Steinalper Wald, Wolfenschiessen, Nidwalden

Diaschau Neufund Rudolphs Trompetenmoos Das Rudolphs Trompetenmoos, Tayloria rudolphiana, ist eine endemische Art der Alpen. Funde dieser Art sind weltweit nur aus der Schweiz, aus Deutschland und aus Österreich bekannt. Meist kommt die Art epiphytisch auf alten Bergahornbäumen vor. Da die breit ausladenden Äste dieser Bäume gerne von Vögeln als Sitzwarte benutzt werden, ist das Substrat des Mooses meist mit stickstoffreichen Exkrementen angereichert. In der Schweiz wurde es nach 1960 erst an fünf Standorten nachgewiesen. Die Schweiz hat bezüglich des Schutzes dieser seltenen Art eine grosse Verantwortung. Deshalb ist sie auch auf der Liste der national geschützten Pflanzen aufgeführt.

Der nächstgelegene Fund nach 1960 liegt rund 15 km entfernt auf der Gerschni oberhalb Engelberg. Der Neufund im Steinalper Wald belegt das Vorkommen dieser Art an einem zweiten Standort in der Zentralschweiz. Dr. Norbert Schnyder, der Leiter der Forschungsstelle für Umweltbeobachtung (FUB) vermutet, dass bei gezielter Suche eventuell noch weitere Funde gemacht werden könnten.

Der alte Bergahorn, auf welchem die seltene Art gefunden wurde, liegt weit oben im Steinalper Wald auf 1460 m über Meer. Trotz der unmittelbaren Nähe der Waldgrenze weist der Baum noch eine stattliche Krone und, mit sechzig Zentimetern, auch einen beachtlichen Durchmesser auf. Er liegt an einem Waldstandort, der bei der pflanzensoziologischen Kartierung der Nidwaldner Wälder (Auftrag Amt für Wald und Energie) als sog. Hirschzungen-Ahornwald in der Ausbildung höherer Lagen angesprochen wurde. Möglicherweise wurde der Standort früher beweidet und ist erst in den letzten Jahrzehnten langsam eingewachsen. Aber auch unter natürlichen Bedingungen weist diese Waldgesellschaft in der Altersphase einen sehr lockeren Baumbestand auf. Nicht nur das Trompetenmoos, sondern auch weitere, an offene Standorte gebundene Pflanzen und Tiere, sind auf solche Lebensräume angewiesen.

Im kantonalen Waldentwicklungsplan ist für den oberen Teil des Steinalper Waldes die Naturschutzfunktion in den Vordergrund gestellt worden. Zur Zeit wird vom Amt für Wald und Energie für diese Wälder ein kantonales Waldreservatskonzept erarbeitet, das die konkreten Schutzziele und Schutzmassnahmen festlegen wird. Es ist zu hoffen, dass Beobachtungen dieser Art in die Planung einfliessen werden, denn der Schutz einzelner Arten kann nur zum Tragen kommen, wenn auch die entsprechenden Lebensräume erhalten bleiben.

Literatur: